Prix Caritas für Jesuitenpater Nawras Sammour aus Syrien

: Medienmitteilung

Nawras Sammour
«Wir freuen uns mit ihm über diese besondere Ehrung. Mit dem Prix Caritas wird seine aufopferungsvolle Tätigkeit gewürdigt, wie auch jene aller anderen Jesuiten in Syrien», betont P. Christian Rutishauser SJ, Provinzial der Schweizer Jesuiten. «Unser Dank gilt an dieser Stelle auch zahlreichen kirchlichen Institutionen, Pfarreien und Einzelpersonen in der Schweiz, die die den Einsatz der syrischen Jesuiten für Bürgerkriegsopfer und Flüchtlinge mit grosszügigen Spenden unterstützen.»

Allein die Jesuitenmission Schweiz hat seit Mai 2012 Spendengelder in Höhe von mehr als 530.000 Franken für die Syrienhilfe bereitstellen können, wie Missionsprokurator P. Toni Kurmann SJ berichtet. Das international tätige Hilfswerk der Jesuiten steht in engem Kontakt mit Pater Sammour und wird von den jesuitischen Projektpartnern in Syrien fortlaufend darüber informiert, wo Hilfe am dringendsten benötigt wird.

Pater Sammour (46) gehört dem Jesuitenorden seit 1994 an. Am Anfang galt die Flüchtlingshilfe in Syrien den irakischen Flüchtlingen. «Um die kümmern wir uns auch heute noch. Doch seit Beginn des Konflikts in Syrien betreuen wir auch syrische Flüchtlinge in der Türkei, in Jordanien und im Libanon sowie intern Vertriebene in Syrien selbst, wo wir drei Zentren haben – in Aleppo, Homs und Damaskus», sagt Pater Sammour. Seit 2010 ist der Theologe und ausgebildete Zahnarzt Regionaldirektor des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes (JRS) für den Mittleren Osten mit Sitz in Damaskus. Von dort aus koordiniert er den Einsatz zahlreicher lokaler Helferteams, in denen sich Freiwillige aus unterschiedlichen Volksgruppen und Glaubensgemeinschaften um zehntausende Bürgerkriegsopfer und Flüchtlinge kümmern.

«Über die syrischen Jesuiten und die von ihnen aufgebauten Netzwerke der Hilfe ist der JRS eine der wenigen Organisationen, die nach wie vor die Notleidenden im Land selbst erreichen», erklärt Pater Kurmann. Junge Christen und Muslime besuchen gemeinsam die Familien, verteilen Lebensmittel und Medikamente, helfen bei der Wohnungssuche, organisieren Schulunterricht, veranstalten Spiel- und Sportstunden für die zumeist traumatisierten Kinder. Zwei Feldküchen in Aleppo und Damaskus kochen täglich 15.000 Mahlzeiten für Familien, die in Notunterkünften leben. Eine kleine Klinik in Aleppo leistet zudem medizinische Grundversorgung.

Der Einsatz der Jesuiten und ihrer Helferteams erfolgt unter ständiger Gefahr. Immer wieder explodieren Mörsergranaten und Autobomben in der Nähe der JRS-Zentren. Die Helfer sind bei allem Engagement angehalten, unnötige Risiken zu vermeiden. Seit letztem Sommer fehlt von Pater Paolo Dall’Oglio SJ, dem Gründer des Klosters Mar Musa bei Damaskus, jede Spur. Er wurde von Djihadisten als Geisel genommen. Erst vor wenigen Wochen, am 7. April, ist zudem der in Homs ausharrende Pater Frans Van der Lugt SJ von unbekannten Tätern überfallen und ermordet worden. Er zählt zu den mehr als 150.000 Todesopfern, die der Krieg bisher gefordert hat. Der aus den Niederlanden stammende Pater hatte die Jesuitenkommunität in der belagerten Altstadt von Homs für christliche und muslimische Flüchtlingsfamilien geöffnet, ihnen Unterkunft gegeben und mit ihnen seine letzten Vorräte geteilt.

Heute, drei Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs, sind mehr als neun Millionen Syrer auf Hilfe angewiesen. Zwei Drittel von ihnen sind Flüchtlinge im eigenen Land, die einen täglichen Kampf ums Überleben führen. Krieg und Gewalt haben sie aus ihren Häusern vertrieben, ganze Viertel wurden zerstört, Schulen mussten schliessen, Arbeitsplätze gingen verloren. Durch die zusammengebrochene Gesundheitsversorgung breiten sich wieder Krankheiten wie Polio, Tuberkulose und Typhus aus. Die Menschen leiden. Und viele Nachbarländer sind durch die hohen Flüchtlingszahlen längst am Ende ihrer Kapazitäten angelangt: Allein im Libanon haben eine Million Syrer Zuflucht gefunden.

«Wir befinden uns in einem Teufelskreis der Gewalt, aus dem es keinen Ausweg zu geben scheint», sagt Pater Sammour. «Die Lage ist sehr konfus und unübersichtlich.» Als Jesuit gehört er der christlichen Minderheit im Land an. Von den rund 21 Millionen Einwohnern Syriens sind etwa fünf Prozent Christen, 90 Prozent Muslime. Spannungen habe es zwischen den verschiedenen Religionen in Syrien kaum gegeben, berichtet er. «Wir Christen werden nach wie vor respektiert. An diesem Bürgerkrieg leidet die gesamte syrische Bevölkerung – ohne Ausnahme.» Besonders bedrückend sei das Gefühl der Verlassenheit: «Nach so viel andauernder Gewalt sind die meisten Menschen in Syrien wirklich müde – müde und frustriert. Wir fühlen uns alleingelassen.» Der Prix Caritas ist daher für Pater Sammour und die übrigen syrischen Jesuiten mehr als nur eine Auszeichnung: ein wichtiges Zeichen christlicher Solidarität und Verbundenheit in der Not.

Trotz aller Verzweiflung, fügt Pater Sammour hinzu, gebe es in Syrien auch immer wieder Hoffnung, die Hoffnung auf eine bessere Zukunft: «Dies wird bereits spürbar, wenn Sie auf der Strasse spielende Kinder sehen, die fröhlich lachen.»

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