Corona-Krise: In gemeinsamer Sorge verbunden mit unseren Projektpartner.

Die Art der Nachrichten unserer weltweiten Projektpartner hat sich in den vergangenen März-Tagen verändert. In einer ersten Phase erreichten uns anstelle der gewohnten Anträge auf Projektunterstützung besorgte Nachfragen, so etwa aus Indien, Sri Lanka, Myanmar, Afghanistan. Die Menschen, mit denen wir seit vielen Jahren zusammenarbeiten, fragen nicht nur nach dem Wohlergehen unserer Mitarbeitenden und der Jesuiten. Ihre Sorge gilt auch den mit uns verbundenen Menschen, unseren Familien, unseren Freundinnen und Freunden. Damit sind auch Sie gemeint, liebe Spenderinnen und Spender von Jesuiten weltweit.

Ein winziges Virus beherrscht zunehmend die Welt und breitet sich nun auch in den Ländern unserer Projektpartner aus. Weder wir noch unsere Projektpartner können die Auswirkungen abschätzen. Mit unseren Partnerorganisationen stellen wir uns die Frage, wie wir gemeinsam das weiterführen können, was schon immer unsere Mission war: zusammen im weltweiten Netz der Jesuiten auf die aktuelle Not zu antworten und darüber hinaus die konkrete Welt mitzugestalten. Wir wollen weiterhin menschenwürdige Lebensbedingungen für alle ermöglichen – erst recht angesichts der aktuellen Krise und der Zeit, die danach folgt. 

Wie dies in der Corona-Krise und dann später umsetzbar wird, darüber können wir im Moment nur mutmassen. Ich schätze, dass die Bedeutung von qualifizierter Bildung in humanistischer Tradition noch wichtiger und noch mehr wertgeschätzt wird. Neben dem nötigen Fach- und Faktenwissen legt eine humanistische Bildung auch Wert auf ein verantwortetes Geschichtsbewusstsein. 

Wer aus einer historischen Perspektive auf die Ereignisse des vergangenen 20. Jahrhunderts blickt, auf die Kriegen und Pandemien wie die Spanische Grippe, erahnt, dass die gegenwärtige Krise gar nicht so aussergewöhnlich ist. Ähnlich berichtet auch die jüdisch-christliche Erinnerungskultur von vielfältigen Erschütterungen über die Zeit. Über all die Jahrhunderte mussten Menschen erleben, wie ihr Planen durchkreuzt wurde. Noch wichtiger ist aber die Kraft, die aus der Erinnerung erwachsen kann. Als Glaubende wollen wir auf diesen Gott vertrauen, der Zukunft verheisst. Über die Geschichte erwies er sich als treu und führte immer wieder aus ausweglos erscheinenden Situationen in neue,lebenswerte Räume.

Für uns von Jesuiten weltweit bietet die tiefe Sorge unserer Projektpartner, ihr Kümmern um uns, wo wir uns doch bisher in erster Linie um sie gekümmert haben, sicher eine Inspiration: Wir wollen das bereits vertraute Konzept von Partnerschaft in der Projektzusammenarbeit noch stärker umsetzen. Und miteinander neue Vorgehensweisen entwickeln, damit globale Solidarität besser gelebt werden kann.

Eine weitere Vermutung von mir: Die gegenwärtige Corona-Krise wird zu einem «Stresstest» für die bisherigen Konzepte und Ideale. Das gilt sicher auch für die vier apostolischen Präferenzen der Gesellschaft Jesu, siehe www.jesuiten.ch/reflexion/apostolische-praeferenzen.html. Auf den ersten Blick fällt auf, wie alle vier Präferenzen auf Zukunft ausgerichtet sind. Sie geben uns die Richtung vor und helfen uns beim Unterscheiden, was wesentlich ist. Sie wollen uns befähigen zum Engagement für Benachteiligte, für die Begleitung junger Menschen auf ihrer Suche nach sinnstiftenden Lebensformen, für die gemeinsame Sorge für die Schöpfung. Ich hoffe, sie helfen uns zu erfüllen, was unser Auftrag – unsere Berufung ist. 
 
Danke, wenn Sie uns auch in dieser bangen Zeit zur Seite stehen. Die Corona-Krise zeigt in aller Deutlichkeit: Wir sind eine Menschheit. Als weltumspannende Menschheitsfamilie bleiben wir auf Solidarität angewiesen. Gemeinsam wollen wir Lösungswege finden und gehen. 

Toni Kurmann SJ, Missionsprokurator 

 

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