Torpa Rural Development Society for Women, Jharkhand, Indien

Aufbau und Integration von Lernzentren für Munda Kinder an 10 Schulen

Die Torpa Rural Development Society for Women (TRDSW) wurde 1995 im nordöstlichen Bundesstaat Jharkhand in Indien gegründet. Sie ist in zwei Regionen aktiv – Torpa und Rania – in denen viele Angehörige des Volksstamms der Munda leben. Obwohl sie von der Regierung als Volksstamm anerkannt werden und spezielle Rechte und Privilegien haben, sind sie stark betroffen von Armut, Analphabetismus, Diskriminierung und Gewalt. Die TRDSW setzt sich für das Wohlergehen und die Stärkung der Frauen in 71 Dörfern ein.

Die Zusammenarbeit mit den Jesuiten entstand schon bald nach der Gründung. Die Jesuiten sind stark in der Bildung und die TRDSW hat ihre Stärken in der Arbeit mit Frauen. So ergab sich eine harmonische Zusammenarbeit. 2010 nahm die damalige Direktorin, Schwester Daphne Sequeira von der Gesellschaft vom Heiligen Herzen Jesu, mit uns Kontakt auf. Seither unterstützen wir ihre Arbeit regelmässig, zurzeit in einem dreijährigen Projekt von 2019 bis 2021 zum Aufbau von zehn Lernzentren. Geleitet wird die TRDSW heute von Schwester Mariaelena Figueredo.

Der Bundesstaat Jharkhand ist geprägt durch eine dichte Waldlandschaft mit einem mineralreichen Boden. Er zählt zu den ärmeren Bundesstaaten in Indien. Dies liegt einerseits daran, dass er erst im Jahr 2000 entstand und seither politisch sehr instabil ist. Fast jedes Jahr musste die Regierung neu gebildet werden. Ausserdem leben in dem Bundesstaat viele Angehörige von traditionellen Volksstämmen, die in Indien trotz spezieller Rechte und Privilegien stark von Armut und Diskriminierung betroffen sind. In Jharkhand leben die Angehörigen der Volksstämme traditionellerweise im Wald und ernähren sich durch das Sammeln von Waldprodukten. Die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen der nationalen und lokalen Regierungen durch den vermehrten Abbau der Mineralstoffe im Boden führt aber dazu, dass sie aus ihren Herkunftsgebieten vertrieben werden. Ihre natürliche Lebensweise wird immer schwieriger und auch die Eingliederung in die indische Gesellschaft ist sehr schwer. Mit Bildungsangeboten in folgenden Bereichen unterstützt die TRDSW die Angehörigen der Volksstämme dabei, nachhaltige Lebensgrundlagen zu schaffen:

1. Lernzentren für Munda Kinder
Die TRDSW bietet den Kindern Nachhilfeunterricht nach der Schule an. Für Lehrpersonen werden Kurse durchgeführt, die ihnen zusätzliche Kompetenzen für den Unterricht geben. Im Frühling 2020 während des ersten Lockdowns aufgrund der Corona-Pandemie standen sie vor einer sehr grossen Herausforderung: Alle Schulen wurden geschlossen und nur wenige von ihnen boten online-Unterricht an. Doch viele Kinder konnten nicht daran teilnehmen, weil sie keine Geräte, keinen Internetzugang und keinen Strom hatten. Die TRDSW arbeitete mit der lokalen Regierung und vielen Freiwilligen ein neues Konzept aus: In den Dörfern versammeln sich die Kinder unter freiem Himmel bei einem Baum oder auf einem Feld und erhalten Unterricht. So wurden die Lernzentren zum zentralen Ort für die Kinder, um ihre Schulbildung trotz geschlossener Schulen weiterzuführen.
An mehreren Standorten sammelte die TRDSW Bücher und es entstanden Bibliotheken unter freiem Himmel. Die Kinder versammeln sich regelmässig, lesen Bücher, diskutieren darüber und lesen Geschichten vor.

2. Förderung von Unternehmerinnen
Die Förderung und Stärkung von Frauen ist eine der wichtigsten Aufgaben der TRDSW. Durch die Gründung von kleinen Unternehmen können die Frauen den eigenen Lebensunterhalt finanzieren und für ihre Familien sorgen. Sie werden unabhängig und ihr Selbstbewusstsein wird gestärkt. In Kursen der TRDSW lernen sie die Grundlagen zur Gründung und Führung von Unternehmen und sie erhalten die nötigen Kompetenzen, um Marktlücken zu erkennen und ihre Unternehmen dort anzusiedeln. Die TRDSW organisiert regelmässige Kundgebungen und Informationsveranstaltungen, um Unternehmerinnen zu fördern und ihre Leistungen zu würdigen. Weiter werden Kurse angeboten, in denen die Frauen Kunsthandwerk erlernen, besonders mit Bambus. Die Frauen nutzen die gelernten Fähigkeiten dazu, eigene Läden zu eröffnen und ihr Kunsthandwerk auf Märkten zu verkaufen. Sie bieten Arbeitsplätze für weitere Frauen und können das gelernte Kunsthandwerk weitergeben.

3. Spargemeinschaften
In den Dörfern bilden Frauen Selbsthilfegruppen für gemeinschaftliches Sparen. Durch gemeinsame Vergabe von kleinen Krediten an die Mitglieder, können sie sich kleine Unternehmen aufbauen. Dadurch werden die Frauen finanziell unabhängig und können für ihre Familien sorgen. Die TRDSW unterstützt sie mit Trainings in Sparmöglichkeiten, Buchhaltung, Unternehmensführung und Marketing.

 

 

4. Sicherung von nachhaltigen Lebensgrundlagen
Die Stammesgemeinschaften leben mehrheitlich von der Landwirtschaft. Die TRDSW fördert kostengünstige, lokale Lösungen, um die Lebensgrundlage von Bäuerinnen und Bauern zu stärken. Auf den Feldern werden gemeinschaftliche Tröpfchenbewässerungen gefördert, die von Solaranlagen betrieben werden. Der Anbau von Gemüse, das in dieser Region gut wächst, wird gestärkt und auch auf kleinen Flächen ermöglicht. Die Familien können sich selbst versorgen und Überschüsse aus den Ernten können verkauft werden. Das Sammeln von Nahrungsmitteln im Wald – Pilze, Baumsamen, Honig – wird gemeinschaftlich organisiert und gerecht verteilt. Interessierte Personen erhalten in speziellen Trainings das nötige Wissen, um in bestehenden Gewässern kleine Fischzuchten aufzubauen.

 

5. Anpassung an den Klimawandel
Durch nachhaltige Methoden in der Landwirtschaft werden die Dorfgemeinschaften darin unterstützt, sich an die Klimaveränderungen anzupassen. Den Bäuerinnen und Bauern werden klimaresistente Anbaumethoden und die Nutzung lokaler Ressourcen näher gebracht. Organische Alternativen zu chemischen Düngemitteln werden grossflächig angewandt. Die Wettervorhersage wird in der lokalen Sprache Mundari regelmässig auf Anschlagbrettern in den Dörfern kundgetan. Dadurch erhalten die Bäuerinnen und Bauern mehr Sicherheit bei ihrer Arbeit.
Die Stammesgemeinschaften werden auch in Anbautechniken geschult, die sich speziell für längere Dürreperioden eignen und erhalten Hirse- und Bohnensamen, die im Klima der Region besonders gut wachsen und nicht viel Wasser benötigen. Den Wetterschwankungen wird entgegengewirkt, indem auf einem Acker verschiedene Gemüse- und Früchtesorten angebaut werden. Wenn eine Sorte nicht gut wächst, ist nicht die ganze Ernte verloren, sondern es können die anderen Sorten geerntet werden, die mit den Wettersituationen besser wachsen konnten. Das TRDSW bietet Kurse für Frauen an, in denen ihnen natürliche Anbaumethoden gezeigt werden und bei denen sie Samen erhalten, um einen eigenen Garten zu pflanzen.