Paharia in Dumka-Raiganj, Indien

In den Bergen Nordindiens, in der Provinz Dumka-Raiganj, leben die Paharia. Sie leiden unter Ausgrenzung und Abwertung. Fern von Bildung und medizinischer Hilfe leben sie in einer von Malaria geplagten Gegend. Jeevan Jyoti, die Schule der Jesuiten in Satia, und das Arrupe Tribal Center in Bhognadih bringen ihnen Hoffnung und Zukunft.

Ein Volksstamm am Rande der Gesellschaft

 

csm_A_village_headman_with_his_wife_Xavier_Lourdo_quadrat_2045101ea5Der Stamm der Paharia kam ursprünglich aus Südindien, bevor dieser im dritten Jahrhundert vor Christus in den Norden des Landes zog. Die Invasion der Moslems, gefolgt vom Vordringen der Briten, zwang die Paharia immer weiter in die Berge. Bis heute lebt diese Volksgruppe am Rande der Gesellschaft. Durch ihre isolierte Lebensweise gelten sie bei den anderen Stämmen als rückständig und minderwertig. Ohne Bildung, ohne Selbstvertrauen und ohne Kenntnisse des modernen Indiens können sie sich nicht behaupten.

Armut, schwere Arbeit und Isolation prägen das Leben der Bergbevölkerung

Wie schwer das Leben in den Bergen ist, erfuhren auch die Jesuiten, die 1983 die ersten Kontakte mit den Paharia hatten. Der Stamm lebt in einem Gebiet, in dem eine besonders gefährliche Art der Malaria immer wieder zu schweren Erkrankungen und bis heute auch zum Tod führt. Pater Chacko SJ begegnete vor 30 Jahren Männern der Paharia auf dem Markt im Tal, wo sie Holz verkauften. Noch heute ist das Holz die Haupteinnahmequelle der Familien in den Bergen. Kaum einer der Erwachsenen in den Dörfern kann lesen und schreiben. Das Holz, das sie in den Wäldern schlagen und sammeln, transportieren die Frauen auf ihren Köpfen in das Dorf. Auf vollbeladenen Fahrrädern schieben die Männer die Ladung den weiten und beschwerlichen Weg bis ins Tal, wo sie von Zwischenhändlern knapp 2 Franken für zwei Tage Schwerstarbeit erhalten.

Jeevan Jyoti – das Licht des Lebens leuchtet in den Augen der Kinder

Pater Chacko SJ besuchte die Paharia in ihren Dörfern und war erschüttert von der Armut und ihrem Elend. Er überzeugte seine Mitbrüder, in dem Dorf Satia eine Missionsstation aufzubauen. Anfangs war es schwer, das Vertrauen der Bergbewohnerinnen und Bergbewohner zu erlangen. Heute zeigt sich eine ganz andere Herausforderung: Die Schule und das Internat mit 450 Mädchen und Jungen platzen aus allen Nähten. In den Dörfern unterrichten deshalb extra ausgebildete Lehrerinnen die Jüngsten. Mangelernährung und ein schwaches Immunsystem waren früher die häufigsten Gründe für schwere Erkrankungen. Die Sozialarbeiterinnen berichten von ihren regelmässigen Besuchen bei den Familien, dass sich die Gesundheitssituation vor allem von Schwangeren und Kleinkindern in den letzten Jahren stark verbessert hat. Jeevan Jyoti (Licht des Lebens) ist der passende Name für die Schule in Satia. Dieses Licht leuchtet besonders in den Augen der Kinder, wenn sie auf der kleinen Schulbühne stehen und mit Theaterstücken ihre Mitschülerinnen und Mitschüler zum Lachen bringen.

Die Jesuiten der Provinz Dumka-Raiganj betreiben mittlerweile 18 Schulen in Jharkhand.

Arrupe Tribal Cultural Center – für ein selbstbestimmtes Leben

Bhognadih ist ein historischer Ort für den Kampf um die indische Unabhängigkeit von der britischen Krone. In der Gegenwart ist es eine explosive Region, da die Regierung – auf der Suche nach Wählerinnen und Wählern – zwar in Infrastruktur investierte, gleichzeitig aber die Spaltung innerhalb der Gemeinschaft vorantrieb. Auch wirtschaftliche Interessen durchmischen die Gegend, da in den Minen grosszügig abgebaut wird und dabei wenig auf Landrechte und die Lebensbedingungen der Tribals geachtet wird. Landwirtschaftlich ist das Land karg und die meisten Bewohnerinnen und Bewohner verdingen sich als Saisonarbeitskräfte in anderen Gegenden.

Die Dumka-Raiganj Jesuiten haben im Gebiet um Bhognadih ein grosses Stück Land gekauft, auf dem das „Arrupe Tribal Cultural Center“ steht. Es wird von Pater Chacko SJ geleitet, der über die Jahre wichtige Kontakte geknüpft hat. Die Menschen vertrauen ihm. Es wurde damit ein wichtiger Grundstein gelegt, um die indigene Kultur zu pflegen, zu bewahren und die Menschen in ihrer Identität zu bestärken. Die indigenen Gemeinschaften lernen, dass ihre Stimme zählt. Sie können sich mit ihrer Kultur auseinandersetzen und gleichzeitig die Kultur der Anderen besser verstehen. Sie werden befähigt, die Zukunft ihrer Gemeinschaften aktiv zu gestalten. Eine Ermächtigung der Ärmsten und Geächteten findet statt.

Der Spatenstich zu einem weiteren Projekt steht 2020 an: Eine Primarschule mit Englisch und Hindi als Unterrichtssprachen soll in Bhognadih gebaut werden. Diese Primarschule ist eine Investition in die Zukunft für acht bis zehn umliegende Dörfer. Die Jesuiten entsprechen damit dem dringenden Wunsch nach guter Bildung für die Kinder der Santal und Paharia. In dem Zusammenspiel aus dem Arrupe Tribal Cultural Center und der neuen Primarschule hofft man, die indigenen Gemeinschaften umfangreich und langfristig zu begleiten und sie zu befähigen, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten.