Am 8. Oktober 2020 wurde Stan Swamy SJ, ein 83-jähriger indischer Jesuitenpater, unter konstruierten Vorwürfen wegen angeblicher „staatsfeindlicher Aktivitäten“ verhaftet. Am Donnerstag, 14. Januar, werden es 100 Tage sein, die der an Parkinson erkrankte Pater Swamy im Gefängnis verbracht hat. Für seine Freilassung und die von 15 Mitangeklagten – allesamt bedeutende Menschenrechtsaktivisten – wenden sich die Jesuiten mit einer Petition an den Hohen Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) und laden ein zur digitalen Gebetswache mit Jesuitengeneral Arturo Sosa SJ.
Fingierte Vorwürfe gegen Menschenrechtsaktivisten
Die Vorgeschichte des Falls Swamy geht zurück auf den 1. Januar 2018, als es im gesamten Bundesstaat Maharashtra zu Gewalt gegen Dalits kam. „Dalits“ werden die Nachfahren der indischen Ureinwohner genannt, die im indischen Kastensystem als „Unberührbare“ gelten und massiven Diskriminierungen ausgesetzt sind. Ein Dalit-Jugendlicher wurde getötet, unzählige Dalits wurden verletzt. „Obwohl alle Beweise darauf hindeuten, dass Rechtsradikale für den Gewaltausbruch verantwortlich sind, hielt es der Staat für bequem, mit fingierten Vorwürfen gegen Menschenrechtsanwälte vorzugehen, die dafür bekannt sind, sich für die Armen einzusetzen“, stellen die Jesuiten vom „Social Justice and Ecology Secretariat“ (SJES) der Gesellschaft Jesu klar.
Neben Pater Swamy wurden in den vergangenen Monaten 15 weitere Aktivistinnen und Aktivisten aus ganz Indien wegen derselben angeblichen Verstöße gegen ein drakonisches Anti-Terror-Gesetz inhaftiert. Der Staat behauptet, dass alle 16 mit einer verbotenen maoistischen Partei zusammenarbeiten würden, die die gewählte Regierung stürzen will.
Gewaltfreier Kampf für die Rechte der „Dalits“
Pater Stan ist bekannt für seinen langjährigen Einsatz für die Ärmsten Indiens. Er wurde einer von ihnen, indem er sich ihren gewaltfreien Kampf für Bürgerrechte und Menschenwürde anführte. Seine Mittel sind die rechtlichen Instrumente der indischen Demokratie, um der Gewalt gegen die Schwächsten der Gesellschaft Einhalt zu gebieten und ihre Lebensgrundlagen zu sichern. Pater Swamy und seine 15 Leidensgenossen sind in ganz Indien bekannt für ihren engagierten und mutigen Einsatz für die Rechte der indigenen Bevölkerung. Jeder ihrer Anträge auf Freilassung gegen Kaution wurden vom Staat bislang konsequent abgelehnt.
Interventionen blieben erfolglos
Das OHCHR hat die Situation bereits zur Kenntnis genommen und an die indische Regierung appelliert, ihren internationalen Verpflichtungen zur Wahrung bürgerlicher und politischer Rechte nachzukommen. Diese Interventionen hat allerdings bisher keine Erleichterung für die Angeklagten gebracht, ebenso wenig Brandbriefe ans Auswärtige Amt in Berlin oder den Unterausschuss für Menschenrechte im Europaparlament in Brüssel.
Um die Weltöffentlichkeit weiter auf Situation von Pater Swamy und der anderen Inhaftierten aufmerksam zu machen, bitten die Initiatoren der Petiton des SJES um weitere Unterschriften von Unterstützern weltweit. Am Donnerstag, 14. Januar, Pater Swamys hundertstem Tag im Gefängnis, laden um 14.25 Uhr MEZ seine Mitbrüder von der Jesuit Conference of South Asia (JCSA) gemeinsam mit Arturo Sosa SJ, dem Generaloberen der Gesellschaft Jesu, ein zur einer digitalen Gebetswache.